Haushaltsrede 2022
Bündnis 90/Die Grünen – Gemeinderatsfraktion Hochdorf
Haushaltsrede 2022
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, liebe Hochdorferinnen und Hochdorfer,seit 2 Jahren beeinflusst die Corona-Pandemie in allen Bereichen unser Handeln und Denken. Nicht jeder ist ungeschoren davongekommen und auch die Gesellschaft leidet unter den Folgen der Pandemie. Letztes Frühjahr saßen wir alle im Lockdown fest und hofften auf den Impfstoff, der den gewohnten Alltag zurückbringen sollte. Inzwischen ist durch die Impfungen einiges einfacher geworden. Während wir hofften, dass die Pandemie weiter ihre Gefährlichkeit verliert, das Leben wieder einfacher wird und die Risse in unserer Gesellschaft heilen können, ist vollkommen unerwartet vor 4 Wochen der Konflikt in der Ukraine eskaliert. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine herrscht Krieg in Europa und wir befinden uns auf einmal in einer Zeitenwende, deren Konsequenzen wir nicht abschätzen können.
Wie schon vor einem Jahr ist auch dieses Jahr die Befürchtung groß, dass die Pandemie zu einem starken Rückgang der Steuereinnahmen führt und damit der finanzielle Spielraum der Gemeinde stark eingeschränkt wird. Die jetzigen Zahlen zeigen, dass dieses Szenario für 2021 nicht eingetreten ist. Allerdings haben auch die Sondereinnahmen durch die Grundstücksverkäufe im Baugebiet Hofäcker I dazu beigetragen, dass die Gemeinde weiterhin finanziell solide dasteht. Mit den Erlösen aus diesen Grundstücksverkäufen können die geplanten notwendigen Investitionen leichter finanziert werden. So kann in das Jahr 2022mit einer weiterhin hohen Rücklage gestartet werden, die 2022 sogar noch etwas höher als 2021 ist. Mit Hilfe dieser Rücklage werden nun in den nächsten Jahren die nächsten großen Renovierungen kommunaler Gebäude, nämlich der Breitwiesenhalle und des Schulpavillons finanziert werden. Sanierungen, die dringend notwendig sind. Außerdem wird dieses Jahr die Schulmensa noch eingerichtet werden und kann dann endlich in Betrieb gehen. Neben diesen drei großen Investitionen wird die jährliche Sanierung weiterer Straßenstücke mit den darunterliegenden Leitungssystemen Mittel verschlingen.
Als Fraktion der Bündnis 90 /die Grünen haben wir den Anspruch, unseren Blick über die in nächster Zeit anstehenden notwendigen Infrastrukturmaßnahmen hinaus auf eine langfristige und nachhaltige Entwicklung der Gemeinde Hochdorf zu richten.
Klimaschutz: Das Land Baden-Württemberg strebt bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität an.Da dieses Thema alle Bereiche einer Kommune betrifft, haben wir unsere zentralen Anträge im Zeichen des Klimaschutzes gestellt, und zwar in personeller als auch inhaltlicher Art. Schon in den letzen Jahren haben wir mit unseren Anträgen versucht, eine grundsätzlichere Ausrichtung in Hinblick auf den Klimaschutz zu erreichen, und zwar bezüglich der Handlungsfelder Planen und Bauen, Verkehr sowie Umwelt-, Natur- und Artenschutz. Einiges wurde auf den Weg gebracht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel.
So halten wir die Einstellung eines Klimaschutzmanagers, der sich um alle Belange des Klimaschutzes in der Gemeinde kümmert, für eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Der Klimaschutzmanager soll bei der Erstellung eines Klimaschutzkonzepts unterstützen, die Umsetzung von definierten Maßnahmen zum Klimaschutz in der Kommune verfolgen und die Schnittstelle zu privaten Initiativen zum Klimaschutz darstellen. Daher haben wir in Kooperation mit der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen aus Reichenbach den Antrag gestellt, dass die Verwaltung Information zu einem für Hochdorf und Reichenbach tätigen Klimaschutzmanager vorlegt, und zwar bezüglich der Kosten, der Förderung und des Stellenprofils.
Von der Gemeinde wurde eine Fokusberatung zum Klimaschutz in Auftrag gegeben. In der Fokusberatung wurde eine Bestandsaufnahme der Gemeinde hinsichtlich des Energieverbrauchs und der Klimaschutzaktivitäten durchgeführt und Vorschläge für Maßnahmen angesprochen. Im Frühjahr 2022 ist eine öffentliche Veranstaltung zum Thema geplant. Aber es existiert bis jetzt kein Klimaschutzkonzept für Hochdorf, das eine umfassende Strategie aufzeigt, wie die Gemeinde Hochdorf die vom Land Baden-Württemberg geforderten Klimaziele erreichen will. Daher haben wir einen Antrag zur Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes, wie es in anderen Gemeinden bereits vorliegt,gestellt. Es soll auf Basis der Erkenntnisse der durchgeführten Fokusberatung ein Klimaschutzkonzept für die Gemeinde Hochdorf entwickelt werden, welches konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz definiert und klare Zeitpläne für deren Umsetzung festlegt. Denn die Klimakrise duldet keinen weiteren Aufschub, sondern erfordert die Festlegung und vor allem die Umsetzung von konkreten Maßnahmen zum Klimaschutz.
Klimaschutz ist nicht eine Aufgabe, für die die Verwaltung der Gemeinde alleine zuständig ist, sondern die alle Bürger angeht. Allerdings sehen wir die Verwaltung der Gemeinde Hochdorf in einer Vorreiterrolle. Wir haben daher die Ausweisung eines Budgets zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen (Klimaschutzbudget) in Höhe von 10 Euro/Einwohner im Haushalt beantragt. Damit entstehen Handlungsspielräume für Klimaschutzmaßnahmen, welche sich unterjährig ergeben und sofort umgesetzt werden können. Die Aufgabe der Kommune, die Bürger bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen informierend zu unterstützen, darf sich nicht auf eine einmalige Veranstaltung beschränken. Wir haben daher beantragt, dass die Verwaltung eine Potentialanalyse in Auftrag gibt, um mögliche Photovoltaik-Standorte zu ermitteln. Diese Analyse soll sich nicht nur auf kommunale Gebäude beschränken, sondern insgesamt in der ganzen Gemeinde Hochdorf nach geeigneten Dächern oder Flächen suchen. Eine solche Analyse ermöglicht es der Gemeinde Hochdorf gezielt, auf private Eigentümer zugehen und diese über die Möglichkeit eines aktiven Beitrags zum Klimaschutz informieren.
E-Mobilität und Ladesäulen: Seit einigen Jahren fordern wir die Einrichtung von Ladesäulen für die Elektromobilität, da Elektromobilität stetig zunimmt und hierfür ein ausreichend dichtes Netz an Ladeinfrastruktur notwendig ist. Die öffentliche Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten eröffnet E-Mobilität auch für Bürger, die nicht die Möglichkeit für eine private Lösung haben. Wir haben daher in den letzten Jahren mehrfach Anträge zur Installation von Ladesäulen gestellt. Dieses Jahr werden endlich zwei öffentliche Standortezur Installation von Ladesäulen durch einen privaten Betreiber zur Verfügung gestellt werden, was wir sehr begrüßen.
Radverkehr: Durch Beteiligung an RegioRad wurden in Hochdorf 2 Fahrradleihstationen geschaffen. Auch wird dieses Jahr der Verbindungsweg nach Roßwälden auf Hochdorfer Gemarkung asphaltiert. Ein ausgebauter Fahrradweg Richtung Reichenbach und Spange, der auch die Anbindung an den Radschnellweg ermöglichen wird, wird durch die Vereinbarung mit dem Regierungspräsidium ebenfalls kommen. Insgesamt würden wir uns aber wünschen, dass sich die Verwaltung intensiver mit dem Thema Radfahren in Hochdorf auseinandersetzt, denn die innerörtliche Radwegesituation ist nach wie vor unbefriedigend. Ein innerörtliches Radwegekonzept, wie schon mehrmals von uns gefordert, liegt immer noch nicht vor. Vielerorts ist das Radfahren nur auf der Fahrbahn möglich. Vor allem entlang der Hauptstraßen ist die Sicherheit von Radfahrern dabei unzureichend. Die innerörtlichen Verbindungen stellen zudem ein wesentliches Bindeglied zu den überörtlichen Radwegeverbindungen dar. Grundsätzlich sollte die innerörtliche Verkehrssicherheit der Fahrradfahrer durch eindeutige Markierungen verbessert werden. In einem Radwegekonzept könnten alle kritischen Punkte und mögliche Verbesserungen herausgearbeitet werden. Wir haben daher wieder den Antrag gestellt, ein innerörtliches Radwegekonzept zu erarbeiten und einen Zeitplan zur Umsetzung vorzulegen.
Weitere wichtige Entwicklungsfelder zum Thema Verkehr sind der weitere Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und die Einrichtung von Tempo 30 in ganz Hochdorf.Denn ist schwer nachvollziehbar, dass auf der Kreisstraße Richtung Roßwälden das Tempolimit nicht an die im ganzen Ort geltende Geschwindigkeitsbegrenzung angeglichen werden kann. Dies würde die Lärmbelästigung entlang der ganzen Straße reduzieren und in der Bachstraße die Unfallgefahr beim regen Ein- und Ausparkverkehr mindern. Das für die Beantragung des Tempolimits notwendige Verkehrsgutachten sollte daher möglichst zügig beauftragt werden. Auch der öffentliche Nahverkehr muss weiter ausgebaut werden, dabei ist eines der wichtigsten Ziele die Anbindung der bestehenden und zukünftigen Gewerbegebiete mit einer Bushaltestelle am Kreisverkehr der Roßwälder Straße.
Ortsentwicklung: Dieses Jahr soll die Fortschreibung des Ortsentwicklungskonzeptsangegangen werden. In den letzten 10 Jahren sind Themen wichtiger geworden, die im alten Ortsentwicklungskonzept noch nicht den Stellenwert hatten, wie dies heute der Fall ist. Dies betrifft beispielweise den Klimaschutz oder alternative Mobilitätsformen jenseits des privaten PKW-Verkehrs, die sich im zukünftigen Ortsentwicklungsplan als Gestaltungszieleunserer Meinung nach wiederfinden müssen. Die neuen Baugebiete wie Obeswiesen und Mittleres Feld müssen in den Ortsentwicklungsplan eingebunden werden. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum innerhalb des Baugebiets Obeswiesen ist uns ein großes Anliegen. Ebenso müssen wir uns angesichts einer alternden Bevölkerung mit dem Thema barrierefreies Wohnen intensiver auseinandersetzen. Eine Gestaltung des öffentlichen Wegenetzes, das Fußgänger und Radfahrer als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer definiert und eine durchlässige Struktur für diese Gruppen schafft, ist für den gesamten Ort wichtig und sollte sich daher auch in der Planung der Neubaugebiete wiederfinden.
Dorfplatz: Die Schaffung neuer Kommunikations- und Verweilpunkte, die Verbesserung vorhandener öffentlicher Aufenthaltsräume wird langfristig zu einem guten Miteinander in Hochdorf beitragen. Auf dem Breitwiesenareal wird solch ein neuer öffentlicher Aufenthaltsraum entstehen, allerdings nicht so groß, wie in der ursprünglichen Planung ausgewiesen. Damit diese öffentliche Fläche die Bezeichnung "neuer Dorfplatz" verdient und ein Ort wird, an dem man gerne verweilt und miteinander redet, bedarf es einer einladenden Gestaltung mit einer ausreichenden Anzahl von Sitzgelegenheiten, sogenannten "Schwätzbänkle". Dann kann aus der Fläche mehr werden als die notwendige Feuerwehrzufahrt für die Amalienresidenz.
Wir werden uns mit dem Sanierungsgebiet des alten Ortskerns auseinandersetzen, insbesondere mit dem Areal der Wettestraße. Durch Strukturverbesserungen soll der öffentliche Raum gewinnen, der Leerstand verringert werden und ein lebendiges belebtes Quartier entstehen. Dabei gilt es abzuwägen zwischen dem Erhalt der alten vertrauten Strukturen, die den dörflichen Charakter Hochdorfs bezeugen und einer behutsamen Modernisierung, die den Ansprüchen heutiger Bewohner genügt.
Öffentliche Grünflächen: Ein bleibendes wichtiges Anliegen ist uns das öffentliche Grün. Wir haben bereits in den vergangenen Jahren ein Baum- und Pflegemanagement gefordert. Der Zweckverband Bauhof ist als interkommunales Unternehmen für die Pflege der Grünflächen der Gemeinden Hochdorf und Reichenbach zuständig. Die Entwicklung eines Pflegekonzepts soll dem Bauhof die Umsetzung der Pflege anhand definierter Leitlinien ermöglichen. Die Gemeinde Reichenbach hat 2021 ein Pflegekonzept beschlossen, für Hochdorf steht dies noch aus. Mit einem durchdachten Pflegemanagement kann der vorhandene Bestand länger erhalten und auf das sich verändernde Klima vorausschauend geplant werden. Durch die richtige Auswahl an Pflanzen kann der Pflegeaufwand verringert und gleichzeitig ein attraktives Erscheinungsbild erreicht werden. Die Artenvielfalt kann an vielen Stellen Hochdorfs gefördert und auch mit weiteren Zielen wie dem Hochwasserschutzoder öffentlichen Aufenthaltsflächen verknüpft werden. So sollte die geplante Renaturierung des Talbachs nicht nur dem Hochwasserschutz dienen sondern auch die Biodiversität fördern. Die Anlage von Bienenweiden muss fortgeführt werden, dabei sollte der Schwerpunkt aber bei mehrjährigen einheimischen Wildblumen liegen. In diesem Zusammenhang haben wir die Neubepflanzung des Kreisverkehrs am Ende der Roßwälder Straße vorgeschlagen. Denn Kreisverkehre sind immer auch Visitenkarten für einen Ort. Damit die Umsetzung eines Pflegekonzeptes gelingt, sollten die Mitarbeiter des Bauhofes an geeigneten Fortbildungen teilnehmen und sich die Erfahrungen der umliegenden Gemeinden zu Nutze machen.
Um die Artenvielfalt zu fördern bedarf es auch einer langfristigen Planung bei der Flächennutzung. Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hin ist die Gemeinde Hochdorf dem Landschaftserhaltungsverband des Landkreises Esslingen beigetreten und hat eine Biotopverbundplanung für die Gemarkung Hochdorf in Auftrag gegeben. Zusammen mit den Gemeinden Reichenbach und Lichtenwald kann ein gemeindeübergreifender und letztendlich den ganzen Landkreis umfassender Biotopverbundgeschaffen werden, der Flächen für Biotope sichert, miteinander verbindet und so langfristig dem Artenschutz dient.
Dies sind keine einfache Zeiten, um so mehr bedanken wir uns bei der Kämmerin Frau Haller für die umsichtige Finanzplanung.
Für die Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen
Dr. Doris Dirmeier, Kai Liebermeister
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